Eine Freundin erzählte mir, dass auf einer Party mal ein Junge (der ganz nebenbei bemerkt, wirklich unattraktiv war) zu ihr kam, bloß um ihr mitzuteilen, dass er sie hässlich fände und das ohne jeglichen Grund, einfach so, als wäre es sein gutes Recht seine Meinung frei kund zu tun, mitten ins Gesicht (oder besser noch... mitten ins Herz?).
Es kümmerte sie nicht weiter (sie selbst war nämlich zufrieden mit ihrem Aussehen und kannte ihn ja gar nicht), doch nachdem sie mir das erzählt hatte fing ich an über Selbstwahrnehmung und Bewusstsein nachzudenken, darüber wie Menschen, die es haben damit umgehen und die, die es gern hätten, darauf reagieren.
Ich bin es gewohnt, dass Leute das Bedürfnis haben schlecht über mich zu sprechen, mein Aussehen oder meine Art lächerlich finden, egal ob flüchtige Bekannte oder vollkommen Fremde, die meisten Menschen meinen schon nach einer flüchtigen Begegnung mit mir, dass sie alles über mich wissen und sich deswegen ein Urteil erlauben dürfen.
Vor einiger Zeit hat ein anderer Junge mir homophobe Bemerkungen an die Pinnwand meiner Blog-Facebook-Seite geschrieben, eigentlich nichts Neues, ich löschte die Notiz und so auch die ganze Angelegenheit aus meinem Leben.
Ein Tag später passierte das Ganze erneut, dieses Mal war es jedoch ein Anderer und ich bemerkte den Post erst eine Nacht später.
Als ich die Worte las und die Kommentare darunter, war ich schockiert.
Es war eine heiße Diskussion im Gange, eine Mischung aus Freunden (und eigentlich auch Nicht-Freunden), die Partei für mich ergriffen und aus, mir bis dato völlig Fremden Jungs, von denen ich noch nie im Leben Notiz genommen hatte, die über mich herzogen.
Ich gebe ja zu, dass man als Blumenkranz-geschmückter Exzentriker polarisiert und mehr Aufmerksamkeit genießt, als ein von außen eher unauffälliger Geschlechtsgenosse, aber wie kann es sein, dass man bei einem Menschen, mit dem man noch nie ein Wort gesprochen hat, den man also noch nie persönlich getroffen hat, solche negativen Gefühle auslösen kann?
Jeder, der sich mit ständigen Anfeindungen in der Öffentlichkeit auseinandersetzten muss, kennt das Gefühl. Man geht einen Gang entlang oder betritt ein Einkaufszentrum etc. ... man kann oft schon von Weitem erahnen, was für Kommentare gleich auf einen zu kommen werden, wenn man an bestimmten Menschen vorbei geht. ... Nutte, Neger, Schwuchtel, fette Sau, .... Gott, schau mal, die ist bestimmt magersüchtig.... die eigentlich so dezent gemeinten Blicke stellen in Wahrheit schamloses Gaffen da, das unterdrückte Kichern hallt von den Wänden, so laut ist es.... man entwickelt ein unbewusstes Gehör, das alle Flüstereien, die über einen kursieren magisch anzuziehen scheint.
Das witzige jedoch ist, dass diese Gefühle nur Menschen wirklich nachvollziehen können, die sich bewusst darüber sind, was die Allgemeinheit von ihnen hält, was über sie gesagt wird und die sich dennoch lieben, genau so, wie sie nun mal sind ... und das, glaube ich, ist Selbstbewusstsein.
Echtes Selbstbewusstsein versteht sich, nicht das, das man aufsetzt um über seine Unsicherheit hinwegzutäuschen.
Sehen wir das Ganze doch mal wie eine Bühne. Im Theater fängt man bei den Proben an zu lachen, wenn man seinen Text vergessen hat oder sich blöd vorkommt, eben dann, wenn man unsicher ist.
Damit wären wir auch wieder bei der oben genannten Frage. Was gibt es jemandem, einen anderen, der sich wohl in seiner Haut fühlt, immer wieder schlecht zu machen oder auszulachen??
Lindsay Lohan kam in Girls Club bereits darauf, dass die Tatsache jemand anderen hässlich zu nennen, einen selbst nicht schöner macht.
Und das ist es doch, jemanden hässlich, fett, schwul oder lächerlich zu nennen macht diese Person nicht hässlicher, freizügiger oder dicker .... und einen selbst vor allem nicht schöner, dünner oder eben männlicher.
Man ist sich selbst bewusst, was man da trägt und was die Leute über einen denken, warum können die Anderen das dann auch nicht akzeptieren? Warum müssen sie dir etwas hinterherrufen?
Denken sie wirklich, dass man dann sofort nach Hause gehen wird um sich umzuziehen oder abnimmt oder gar weint, weil man nicht zu ihnen gehört?
Das geht in den Leuten vor, die auf der anderen Seite stehen, die die Beleidigungen über sich ergehen lassen müssen, sich aber dafür nicht schämen.
Was in denen vorgeht, die damit nicht umgehen können, können wir Tag für Tag in den Berichten von Mobbing-Opfern nachlesen, die sich das Leben nehmen oder selbstverstümmeln.
Vor allem bei den Leuten, die jemanden mit dem Wort schwul beschimpfen wollen, verstehe ich absolut nicht was sie dabei empfinden. Ich meine, das ist doch sowas von offensichtlich lächerlich...
Im Ernst, meint ihr wirklich, dass ein Schwuler oder jemand, der ständig für schwul gehalten wird, sich dann heulend davon macht? Oder noch schlimmer, dass er das als Beleidigung ansieht?
Eines kann ich euch sagen, da macht man(n) sich keine Gedanken mehr darüber. Man schüttelt es ab, weil man es kann, weil man es eben besser weiss, aber etwas tut trotzdem weh. Es sind jedoch nicht die Worte, die man hinterhergerufen bekommt, die einen verletzten, sondern die Respektlosigkeit, die man empfindet, indem sich Leute anmaßen das Recht zu haben, dir überhaupt ein Schimpfwort öffentlich nachzuschreien.
Tauschen würde ich trotzdem nicht, egal wie oft man selbst gedemütigt wird, das einer anderen Person anzutun, die einem nichts getan hat, würde ich nie machen ... und so bestärkt mich diese Beleidigung am Ende doch noch, denn sie zeigt mir, dass ich etwas besseres bin. Also Danke Jungs!
Wenn man diese, die mit den Beleidigungen, sobald man ihnen den Rücken zudreht, nur so um sich werfen, dann zur Rede stellt und einfach wissen möchte, was sie denn nun davon haben, bekommt man meist nur ein blödes Lachen oder ein dahingeworfenes lächerlich zu hören.
Was das Lachen wirklich bedeuten, wissen wir ja jetzt...
Ich glaube, dass jemandem Beleidigungen öffentlich und grundlos hinterherzurufen, die feigste Form von Selbstbestätigung ist. Es zeigt ihnen was sie alles nicht haben, zu viel Pfunde, zu viel Make-up, zu viel Sex .... und eben kein Selbstbewusstsein, denn sonst würden sie ihre Gedanken einfach bei sich behalten.
Seien wir doch mal ehrlich, wir urteilen alle, das dürfen wir auch, wir haben aber nicht das Recht unser Urteil jedem ungefragt hinterherzurufen, schließlich sind das Menschen und keine Themen, zu denen man einfach seine Meinung abgeben darf.
Und mal im Ernst, leben wir nicht in einer Zeit, in der uns ein zu runder Hintern oder ein langhaariger Junge nicht ein bisschen unspektakulärer vorkommen sollten? Sollten wir das nicht den Redakteuren von Intouch, OK! und Co. überlassen?
Aber was sag ich denn da, ich stehe ja auf der anderen Seite....und da bin ich, weiss Gott, auch stolz drauf.