Sonntag, 16. Dezember 2012

Münchens ungeschminktes Gesicht.

Vier Monate sind es nun, dass ich die bayerische Hauptstadt meinen Wohnort nennen kann, Zeit ein erstes Resümee über München zu ziehen.
Prinzipiell hat sich mein ganzes Leben durch diesen Umzug verändert. Durch mein Praktikum beim Fernsehsender E!Entertainment hab ich viele außerordentlich liebe Menschen kennengelernt, ich bin bei meiner Wunschagentur PS Model Management untergekommen und hab die fabelhaftesten Vintageboutiquen der Stadt ausfindig gemacht. Mein Blog hat (was mich selber überrascht) in München  erstaunlich viel und schnell Anklang gefunden, obwohl (oder vielleicht gerade weil?), ich mich nicht wirklich als "typischen München" beschreiben würde.
Da wären wir auch schon bei der Frage was eigentlich typisch für München ist. Mit welchen Vorurteilen hat die Stadt zu kämpfen und welche Klischees bewahrheiten sich wirklich? 
Als spießig, versnobbt und voreingenommen werden die Münchner beschrieben, zurückgegelte Haare, ein bisschen abgehoben und verwöhnt, in ist wer drin ist oder um es in meinen Worten zu sagen:  Woolrichparka,Woolrichparka,Woolrichparka ! (und Ugg-Boots vielleicht...)
Und ich muss sagen, es stimmt, ich hab nirgendwo auf der Welt eine höhere Konzentration dieser Winterjacken gesehen, aber oft versteckt sich dahinter alles andere als ein Spießer.
Die Münchner sind begnadet darin sich besser darzustellen, als sie es tatsächlich sind - Blender, die sich im ersten Semester BWL bereits als Investmentexperten bezeichnen. Ganz zu schweigen, von den Starlets... dazu später.
Natürlich ist das übertrieben ausgedrückt, denn ich hatte auch schon nach einer Woche in München genügend Menschen kennengelernt, die diesem Stereotyp absolut nicht entsprechen (und das obwohl sie gleich zwei Woolrichjacken im Schrank hängen haben), dennoch, gerade auf Veranstaltungen, die man als Model und Blogger besucht, trifft das erstaunlich oft zu. Damit sind wir nun bei den Starlets.
Willkommen im Münchner Nachtleben  -  oder auch auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.
Es scheint mir fast so, als würde bei Einbruch der Dunkelheit das Kostüm des Partyluders übergestreift werden und die Vokabel Geld das Wort Hallo ersetzten. Die Brüste sind operiert, die Kleider kurz und die Egos dafür unendlich groß. Gerade die It-Girls der Stadt entpuppten sich mir nach fünf Minuten schon als berechnende Erbinnen, die sich zu allem Überfluss auch noch Fashionista nennen und dabei das Wort Chanel nur buchstabieren können, weil es in übergroßen Lettern auf ihrer 5.55-Bag steht. (Ladies, so heisst eure Tasche nämlich) 
Der Begriff Vintage wird als Fremdwort eingestuft und Alkohol zum Grundnahrungsmittel.
Wenn man auf dieses Grundnahrungsmittel (das oft nur als Vorspeise zum Koks dient) verzichtet, kriegt man ein einzigartiges Schauspiel zu Gesicht: Hüftlange Extensions, die sich um Herve Leger-Imitate schwingen, einen vom  Moët aufgequollenen Körper in Form haltend, der von einem Louboutin auf den Anderen wankt. Und dann, ich wollte gerade nach Hause gehen, sah ich sie - eine längst ausgestorbene Spezies, den Lipliner. Gegen Lipliner ist an sich ist ja nicht einzuwenden, doch dieses Partygirl (das sich im echten Leben Anwältin nennt) umrandete ihre (aufgespritzten) Lippen schwarz und füllte sie anschließend nicht mal mit Lippenstift aus, ich dachte ich sehe nicht Recht, sowas gibt es doch nur in Filmen? Und ich befand mich angeblich in einer Runde der besten Münchner Gesellschaft. (Ok, ich glaube ihr versteht was ich meine) 
Als Medienhauptstadt beherbergt München, viele Menschen mit Talent, die was im Kopf haben und den Titel Modeexperte auch zu Recht tragen, sie haben sich ihre It-Bags retlich verdient und das oftmals damit verbundene Protzen nicht nötig. Auf der anderen Seite muss man sich vorstellen, dass der bekannteste Stylist der Stadt tatsächlich die Meinung vertritt, dass erst die Labels und nicht der Stil einen Fashionista ausmachen, mehr Klischee-München geht nicht.

Trotz aller immer wieder bestätigen Vorurteile ist München eine tolle Stadt mit vielen sich bietenden Möglichkeiten. Die Kunst ist es, sich selbst und seinen Zielen treu zu bleiben und sich von der Wannabe-High Society nicht einschüchtern zu lassen, dann und mit den richtigen Leuten, die hinter einem stehen, kann man über jede noch so misgünstige München-Tv-Moderatorin hinwegsehen und irgendwann Teil seiner eignen Society werden.



Bild: Riccardo Simonetti und Davorka Tovilo.

2 Kommentare:

  1. wer ist denn der bekannteste stylist der stadt ?

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  2. ahhh wusste gar nicht dass du auch in München wohnst!! haha der text ist geil^^finde sowieso dass du tolle texte schreibst! sehr berührend und genau mein Geschmack. ich liebe es wenn texte zum nachdenken anregen, so wie zum Beispiel dein sweet sixteen post, habe auch schon ähnliches geschrieben! ;D Mini

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