Ich weiss ja nicht, wie es euch geht, aber ich persönlich finde absolute Ruhe, Entspannung und Erholung nur an einem Ort - am Strand.
Dabei weiss ich gar nicht ob es an der goldenen Sonne, dem weichen Sand zwischen den Zehen oder der endlosen Weite des Meeres liegt, aber irgendwas verändert dieser Anblick in mir.
Die erste Halbzeit in Battipaglia (einer Stadt unterhalb von Neapel) war bereits verstrichen und so allmählich machte ich mir Sorgen über was ich als nächstes hätte schreiben sollen, denn seien wir doch mal ehrlich, wen interessiert schon eine Kolumne, in der ich über 100 Zeilen damit fülle, wie ich eine leere Muschel betrachte oder meine laufende Gewichtszunahme (die selbst für mich im Urlaub unausweichlich zu sein scheint)? Eben!
Doch wie heisst es so schön, hat man erst einmal aufgehört es zu versuchen, küsst einen die Muse - in meinem Fall, ein zwölf Jahre altes Mädchen, namens Eva.
Ich war gerade dabei einen Arielle-mäßigen Auftritt im Wasser hinzulegen, als ich bemerkte, dass ich von zwei Kindern beobachtet wurde.
Es dauerte nicht lange und ein Mädchen, dass ich auf etwa dreizehn Jahre schätzte und bereits Besorgnis erregendes Übergewicht vorweisen konnte, sprach mich an um zu fragen wie ich heisse, wie alt ich sei und letztendlich (es musste ja kommen) warum ich denn als Junge so lange Haare trage.
Als ich ihr antwortete, dass es mir persönlich so gefiel, dachte ich eigentlich, dass sich die Sache erledigt hatte und ich mich wieder meiner mentalen Interpretation von 'Unten im Meer' widmen konnte, als sie erneut ausholte.
Ob ich denn auch auch hohe Schuhe und Schminke mag, fragte sie mich und meine anfängliche Sympathie wich einer anderen Laune.
Mir fiel auf, dass das Mädchen wirklich einen enormen Vorbau für ihr Alter hatte (leider hatte sie mindestens genauso viel Oberweite auf dem Rücken zu bieten).
Als ich versuchte sie verstehen zu lassen, dass ich doch kein Transvestit sei, bloss weil ich lange Haare habe, unterbrach sie mich um mich zu fragen ob ich mich denn nicht schäme so auszusehen, wie ich es nun mal tue.
Bevor ich ihr antworten konnte, fügte sie hinzu, dass es eklig sei und ob ich von meinem eigenen Sohn nicht enttäuscht wäre, wenn er beschließen würde, sich die Haare wachsen zu lassen.
(Sehr geehrte Damen und Herren, Herzlich Willkommen in den 50ern!)
Ich musste lachen, selbstverständlich war ich (leider) gezwungen Diskussionen, wie diese, jeden Tag zu führen, aber mit einer Zwölfjährigen? Das war wirklich mal etwas neues.
Ich begann über mich selbst als Zwölfjährigen nachzudenken und hatte ein Bild von dem kleinen, auch sehr pummeligen Jungen vor Augen, der ich war. Ich war wirklich selbstbewusst, hätte mich aber nie getraut einen 20-Jährigen anzusprechen, den ich für komisch hielt.
Jemand anderes hätte es dabei belassen, sich weggedreht und hätte nicht weiter darüber nachgedacht. Ich für meinen Teil, wollte ihr aber eine Lektion erteilen, in der Hoffnung, dass sie nicht zu einem, jener intoleranten Erwachsenen werden würde, mit denen ich mich heute noch Tag für Tag rumschlagen muss.
Ich erklärte ihr, dass sie sich daran gewöhnen sollte, dass es da draußen auch Menschen gibt, die nicht unbedingt ihrem Ideal entsprechen würden, und dass das auch gut so sei, sie selbst würde sich ja auch nicht verändern wollen, bloß um anderen einen Gefallen zu tun.
'Ich würde niemals mit so jemanden, wie dir zusammen sein, das ist ja eklig' war alles was sie mir als Antwort bieten konnte (schön für dich, ich auch nicht mit dir!), bevor sie mir mitteilte, dass die Männer in ihrem Umfeld weder so aussahen, noch so mit ihr sprachen, wie ich es tat.
Das Traurige an der Ganzen Sache war jedoch, dass ihre Worte nicht, wie die einer kindlichen Zwölfjährigen klangen, sondern viel hasserfüllter und intoleranter, als dass es für ein Kind angebracht wäre.
Zweifellos hatte sie ihr schlechtes Benehmen und ihre Einstellung (Gewicht, ihr Gewicht nicht zu vergessen) von ihren Eltern mitbekommen, aber dass sie damit so unverblümt rausplatzte, schockierte mich ein wenig mehr als gedacht.
Nachdem ich jede Hoffnung aufgegeben hatte, beschloss ich sie wieder sich selbst zu überlassen.
Normalerweise würde ich nicht weiter über so einen Vorfall nachdenken, aber Eva war so dreist, dass ich sie nicht vergessen konnte.
Lassen wir doch mal zehn Jahre verstreichen, Eva wäre dann 22 ... was mag wohl aus ihr geworden sein?
Es gibt genau zwei Möglichkeiten.
Entweder sie ist zu einer reifen, verantwortungsbewussten Frau herangewachsen, die ihren Kindern ein gutes Vorbild sein kann oder sie hat einfach nur eine weitere Null an ihr Gewicht gehängt und sich geistig kein Stück verändert.
Und wir alle wissen, wie die Chancen stehen. Auf die Jugend von Morgen!