Mittwoch, 18. Juni 2014

Bekenntnisse eines digitalen Träumers.

Als Blogger und Model lebe ich in einer Welt, die stark von der digitalen Welt beeinflusst wird.
Stunden über Stunden verbringe ich mit dem Tippen von Blogeinträgen, dem Versenden von Mails und dem Bearbeiten von Bildern.
Die retuschierte Wirklichkeit ersetzt die Realität und der Blick in den Spiegel wird manchmal zum ernüchternden Standbild unserer Selbstwahrnehmung.
Bücher werden von IPads ersetzt, Kartenspiele von Smartphones und Natürlichkeit von Instagramfiltern (nebenbei mein Favorit: Amaro!).
Das moderne Leben ist so digitalisiert, dass es fast schon einer neuen Form von Leben ähnelt und die Zukunftsvisionen, die wir noch auf fiktive Weise bei Futurama bestaunen durften, werden plötzlich immer nahbarer.
Wir können dank YouTube um die ganze Welt reisen und sehen Dinge, Menschen, die wir eigentlich niemals zu Gesicht bekommen sollten. Das soziale Leben scheint so eng mit dem virtuellen verworrenen zu sein, dass wir dabei den Überblick verlieren, von dem was wirklich ist und von dem, das wir gerne Wirklichkeit nennen würden.
Und das Erstaunliche dabei ist, dass wir es nicht einmal schlimm finden, sondern normal.
Sogar unsere Streitigkeiten führen via WhattsApp aus und lassen den ganzen Freundeskreis im Gruppenchat mitdiskutieren.
Obwohl das sicher nicht alles gut zu heissen ist, ist das Meiste etwas, das ich nicht verwerflich finde, wahrscheinlich weil ich nicht nur damit aufgewachsen bin, sondern auch weil ich dem Internet einiges zu verdanken habe. Durch meine Facebook-Seite, mein Instagram-Profil und meinen Blog, bin ich in der Lage meinen Traum zu leben.


Trotz allem stumpft man gerade was Kommentare und Reaktionen angeht, immer etwas ab.
Umso verwirrter war ich über die Gefühle, die ich neulich empfand als ich meinem Facebook Profil einen Besuch abstatte.
Wir alle kennen diese Art von Facebook Freunden, die man eigentlich gar nicht mag, aber irgendwie schon immer mit ihnen befreundet war und daher auch weiterhin sehen möchte, was diese Person so treibt. Sei es um sich darüber zu amüsieren, um mitreden zu können oder auch nur um eine bestimmte Person im Auge zu halten. Stalken ist da kein fremder Begriff mehr.
Als ich neulich über das Profil eines solchen Freindes (Feind+Freund) stolperte, merkte ich, dass diese Person mich wohl aus ihrer Freundesliste gekickt hatte.
Normalerweise stört einen sowas ja nicht weiter, wenn man eh keine grossen Sympathien für einander übrig hatte, merkt man das vielleicht sogar gar nicht, aber in diesem Fall war ich regelrecht verärgert.
Für jemanden, der das Entflogen auf Instagram durchaus auch als gesellschaftliche Bestrafung anwendet, war ich doch etwas gekränkt.
Die Person um die es sich handelt war nicht mal ein alter Freund, es handelt sich dabei um ein Model, das ich mal kennengelernt habe und seitdem immer wieder in meinem Leben wiederfand. Gemeinsame Freunde, gemeinsame Auftraggeber, gleiche Oberteile - wir hatten so viel gemeinsam, aber auf der anderen Seite auch gar nichts und so war ich nicht überrascht als die Person sich alle zwei Monate mal wieder durch einen zweideutigen oder sarkastischen Kommentar unter einem Foto zu Wort meldete. (Das war ach eine dieser Unterschiede, ich hätte so etwas bei ihr nie gemacht)
Natürlich hätte man der Person nie etwas vorwerfen können, denn das wäre ja kindisch, aber geärgert hat man sich trotzdem und selber so etwas zu tun, hätte ich als unangebracht und stillos empfunden.
(das muss man jetzt auch sagen)
Egal, zurück zum eigentlichen Geschehen - da war ich also nun - ich wurde gelöscht, endgültig und somit auch jede Verbindung in das Leben dieser Person und wirklich erfahren wieso, werde ich wohl nie.
Vielleicht treffe ich diese Person einmal im echten Leben wieder und ich bin gespannt, wie dieses Treffen wohl ablaufen wird. Die Möglichkeit bestünde das Geschehene anzusprechen, aber das Ganze wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen sich dezent zu ignorieren und das obwohl man durch Facebook das Gefühl hatte die Person besser zu kennen, als man es eigentlich tat.
Mit diesen Gedanken blieb auch das Gefühl des Verlierens. Man wurde ja schliesslich entfernt und war nicht selber derjenige, der siegreich das Ganze beendet hatte. Was also nun? Eine böse Mail schreiben, wie lächerlich man dieses Benehmen doch findet? Oder lieber einen hetzenden Status, den die Person zwar niemals sehen wird, deine Freunde aber genau wissen, wer gemeint ist?
Left: No Filter / Amaro

Ich dachte darüber nach und beschloss all die Regeln, die das Insta-Universum und die unausgesprochenen Gesetze der sozialen Netzwerke beinhalteten, zu ignorieren und stattdessen etwas zu spüren, dass man eigentlich nicht spüren sollte, wenn man 'gelöscht' wird - nämlich Dankbarkeit.
Ja es stimmt, ich war dankbar. Ich war dankbar von einer Person befreit zu sein, die mich zu einem schlechteren Mensch machte, als der, der ich war.
Ich mochte die Person nicht, wieso war ich also mit ihr verbunden? Zunächst sah ich die Verbindung in deren Leben als gelöscht, aber umso mehr ich nachdachte, umso mehr empfand ich es als hätte die Person die Verbindung in mein Leben gelöscht - der Unterschied ist fein, aber aus der Perspektive empfand ich es als Vorteil, schliesslich hatte es mich genauso geärgert zu wissen, dass diese Person einfach nachlesen kann, was in meinem Leben passiert.
(Hallo? Wofür gibt es denn diesen Blog!)
Und nach all diesen Eindrücken, spürte ich das Gefühl von Unsicherheit in mir aufsteigen, nicht etwa weil ich gelöscht wurde, sondern, weil ich tatsächlich eine Person in mein Leben gelassen hatte - und sei es nur in mein digitales Leben - die da einfach nicht hingehörte. Was wenn ich noch mehr von solchen Menschen in meiner Freundesliste hatte? Was wenn ich solche Menschen sogar im echten Leben in meinem Freundeskreis habe? Der eine Kollege, der super anstrgend ist, mit dem man dann aber doch immer wieder essen geht oder die Shoppingbegleitung, die eigentlich nur ausnutzend deinen Geschmack zur Beratung will… wir alle kennen das doch...
Plötzlich verschob sich mein bisheriges Weltbild und ich überdachte meine Freundschaften bis ins kleinste Detail.



Digital oder Real, manchmal ist der Unterschied gar nicht so gross und ein echter Realitätscheck genau das, was wir brauchen. Unser digitales Ich nimmt heutzutage oft auch Einfluss auf unsere reale Erscheinung, das kann sich positiv auswirken, uns anderseits aber auch den Tag versauen - was am Ende jedoch gilt, ist es sein Leben in die eigene Hand zu nehmen (und ich meine nicht in Form von einer Maus).
Ich hätte nicht gedacht, dass ich der Person einmal diese Erkenntnis zu verdanken hätte, aber hätte sie unsere digitale 'Freindschaft' niemals beendet, würde ich mich heute immer noch über die negative Präsenz ärgern.
Im echten Leben fällt es uns oft nicht so leicht sogenannte 'Freinde' herauszufiltern, im Internet sollte uns diese Entscheidung jedoch nicht allzu schwer fallen, da können wir uns nämlich aussuchen mit wem wir befreundet sein wollen und mit wem nicht.
Tut es nicht um der Person zu schaden, tut es um euch etwas Gutes zu tun, wir alle sollten uns mit Dingen und Menschen umgeben, die uns gut tun. Probleme haben wir schliesslich alle genug, da brauchen wir nicht noch jemanden, der uns unnötige Energie raubt und uns von dem ablenkt was wir sein wollen - das ist letztendlich etwas, das wir uns alle wert sein sollten. 

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