Donnerstag, 7. August 2014

Fussballbekentnisse - Confessions of a hopeless Dreamer Part 7.

Gleich mal vorweg - ich bin kein Fussballfan (ich weiss, jetzt wundert ihr euch sicher alle) - aber dennoch freue ich mich über den allgemeinen Zusammenhalt, den unsere Gesellschaft während Zeiten grosser Fussballturniere, wie der WM, völlig öffentlich auslebt.
2014 ist Deutschland Fussball-Weltmeister geworden (und wenn ich mich nicht irre sogar zwei Mal, in einer Jugend Liga auch, oder?) und damit immer noch komplett vertreten in jedem Medium.
Bloggerinnen, die eigentlich keine Ahnung von Fussball haben, zeigen ihre Lieblings-Schwarz-Rot-Gold Looks und im Radio sprechen sich die Moderatoren gegenseitig mit Herr Weltmeister an, sogar in meinem Freundeskreis finden sich ganz neue Formen des Fussballfetischismus -alles gut- nicht ganz mein Stil-aber dennoch, ich freue mich immer noch über oben bereits erwähnten Zusammenhalt.
Neulich traf ich mich mit einem Freund zum Essen.
Diese Verabredung hatten wir schon seit ein paar Wochen vor uns hingeschoben - der Grund dafür? Fussball.
Keiner von uns beiden war sonderlich an den Spielen interessiert, aber da es kaum möglich war, sich in einem Cafe oder Restaurant zu treffen ohne lautstark jubelnde Fans im Hintergrund, beschlossene wir die WM abzuwarten.
Mit genügend Luft dazwischen, schafften wir es also vor ca. einer Woche in meinem Lieblingscafe Cotidiano in München und als ich gerade ausholen wollte um ihm von meinen Erlebnissen auf der Fashionweek zu erzählen, unterbrach uns der Anblick eines Schweinsteiger Trikot tragenden Fussballfans.

Der Junge war ca. 19 Jahre alt und schien sich sehr wohl in seiner Uniform zu fühlen, die er mit einem Fussball Zylinder auf dem Kopf perfektionierte (#ootd) und sich dabei einen Coffee to Go bestellte.
Während ich versuchte den Faden in meiner Unterhaltung zu finden, kam ich nicht umhin mein Gespräch auf das Thema Fussball zu lenken.
Statt über Fashion, sassen wir also dort und sprachen über Fussball, (doch ist ein Gespräch über Fussball, zurzeit nicht auch ein Gespräch über Fashion?) fast schon wie zwei echte Jungs, eben.
(Ich bestellte mir sogar eine Apfelsaftschorle um den Anblick von Bier zu imitieren!)
Ich begann mich zu fragen, ob der Junge in Fussball-Montur von mir wohl den selben Eindruck hatte, wie ich von ihm.
Worauf ich hinauswollte, war ein Erlebnis, das mir seit dem ersten Deutschland-Spiel dieses Jahr in nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.
Ich kam gerade von einer Veranstaltung mit Blumenkranz auf dem Kopf und Paillettenjacke über die Schulter geworfen und begegnete auf dem Nachhauseweg einer Horde Fussballfans, die sich Capes aus Deutschland Flaggen gebastelt hatten, Gesichtsbemalung als Make Up benutzen und riesige Fussballhüte auf dem Kopf trugen (wie der Junge im Cafe eben auch) und sich (wie sollte es auch anders kommen) über mein Outfit lustig machten.
(Genau, ich war es, der lächerlich aussah...)
Wirklich ernst nehmen konnte ich die Jungs nicht, aber ich fand es schon ironisch, dass sie mich scheinbar für verkleidet hielten, wo sie (zumindest in meinen Augen) die mit der Verkleidung waren!
Im Alltag sieht man Jungs, in bodenlangen Deutschland-Capes ja doch eher selten.
Erlebnisse, wie diese sind es, die meine Mama in WM Zeiten keine Nacht ruhig schlafen lassen, weil sie immer damit rechnen muss, dass einer von ihnen doch so viel getrunken hat um seine Drohungen in die Tat umzusetzen.
(Vielleicht bin ich ja deswegen kein Fussball-Fan?!)
Fussball-Euphorie konnte ich noch verstehen, aber wieso dieses ganze Outfit? Sonst scheinen diese Jungs ja auch nicht viel von passender Kleidung zu halten.
'Das ist keine Verkleidung, das gehört eben dazu und macht Spass' erzählte mir am selben Abend mein Nachbar, der ebenfalls dachte ich wäre verkleidet und mit dem ich im Aufzug diesem Thema auf den Grund ging.
Wenn es also Spass ist und man sich irgendwie besser fühlt, weil man das Gefühl hat man würde etwas beitragen, ein Stück des Ganzen werden, dann hatte dieser ganze Fussball Look ja doch mehr mit Mode zu tun, als ich es eigentlich vermutet hatte.
Eigentlich taten diese Jungs nichts anderes, als ich - sie drückten das, was sie fühlten mit Hilfe von Mode aus und versuchten einem bestimmten Dresscode zu entsprechen.
Wenn ich es als nicht-Fussball-Fan schaffe, zu respektieren (und ich würde bis heute keinen blöden Kommentar über jemanden, der mir auf der Strasse in so einer Montur über den Weg läuft, erlauben), dass es für eben solche dazu gehört so einen Look zu tragen, konnte ich mir dann auf der anderen Seite nicht das selbe erwarten?
War es wirklich zu viel erwartet, dass eine Gruppe von Jungs, die es offensichtlich 'geil' finden sich für ein Fussball Spiel aufzurüschen, ein bisschen Verständnis für Menschen hat, die das Selbe auch im Alltag gerne machen? Eben auf ihre Art und Weise und um ihr eigenes Team zu unterstützen. (Team Fashion!Wohhhooo)
All diese Gedanken und keiner brachte mich zu einer Antwort. Wieso auch? Gäbe es die, hätte ich meine negativen Erlebnisse in U-Bahn und Co. hier nicht in zahlreichen Posts dokumentieren müssen.
Vielleicht ist es auch eine naive Wunschvorstellung, dass Jungs, die sich mit Flaggen schmücken und Fussbälle als Hut tragen genauso viel Verständnis für Jungs haben, die einfach gerne Blumen im Haar tragen, (und ein Paar tun dies sicher auch) aber es wäre schön, wenn unsere Gesellschaft ein bisschen was von jenem legendären Zusammenhalt, auch ausserhalb der WM an den Tag legen würde.
Und das wiederum ist etwas, das hoffentlich nicht immer eine naive Wunschvorstellung bleiben muss…


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