Heute ist der Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie.
Höchste Zeit über meinen Mittwochabend zu sprechen, denn der beweist uns allen mal wieder, dass die Gesellschaft trotz Conchita Wurst & Co. noch lange nicht da ist, wo sie vorgibt zu sein.
Es fing ironischerweise bereits am Morgen an, als ich mich selbst im Zug nach München sitzend wiederfand, mit einer nahezu unbekannten über das Thema Selbstverwirklichung und Gesellschaftskritik sprechend - mit anderen Worten, wir redeten über Mode.
Während sie eher ein Fan von konservativen Looks war, schlägt mein Herz mehr für ausgefallenere und ja auch gerne mal ein bisschen exzentrische Outfits.
Wir unterhielten uns lange darüber, was ein unkonventionelles Styling über den Menschen dahinter aussagt und während sie vielleicht anfangs noch der Meinung war, dass jemand der sich gerne mit Blumen und Federn schmückt, dringend Aufmerksamkeit provozieren möchte und sich sogar verkleidet, versuchte ich ihr zu erklären, dass das oftmals ganz anders ist, als man vermuten mag.
Ich für meinen Teil, würde mich verkleidet fühlen, wenn ich nicht in jenen Klamotten stecken würde, die ich meine eigenen nenne. Blumenkränze, Fransen und Pailletten sind nicht dazu da um koste es was es wolle im Mittelpunkt zu stehen, im Gegenteil, sie sollen die Welt und vor allem mich selbst einfach nur daran erinnern, wer ich bin und was für ein Mensch ich sein will.
Ich habe hier schon oft geschrieben, dass blöde Kommentare und Blicke wirklich nur einen kleinen Preis darstellen, den man gerne bereit ist zu zahlen, im Gegenzug für das Gefühl das man bekommt man selbst sein zu dürfen.
Auf die Frage ob ich denn keine Angst hätte, dass ich mir dadurch die Chance entgehen lassen würde von Menschen so wahrgenommen zu werden, wie ich wirklich bin und nicht nur auf mein Äußeres reduziert zu werden, musste ich an das denken, was ich seit der achten Klasse meiner Mama immer wieder vorbetete.
'Wenn jemand blöd über mich urteilt, weil ihm mein Styling nicht gefällt und er deswegen nicht auf meine inneren Werte schaut, ist das doch das Beste was mir passieren kann - oder möchtest du so oberflächliche Menschen in deinem Leben haben? Ich jedenfalls nicht'
Und ausserdem kam ich nicht ganz dahinter, was mir dieses Gefühl geben sollte. Ist es etwa gut, zunächst für etwas akzeptiert zu werden, was man gar nicht ist? Das ist doch einfach nur falsch.
Wie dem auch sei, zog sich der Inhalt dieses Gesprächs wie ein roter Faden durch den Rest des Tages. (was rede ich denn da, durch mein ganzes Leben)
Kaum in der U-Bahn angekommen, kamen die ersten Kommentare, über die ich wirklich nur müde lachen konnte.
"Hättest du jetzt noch nen Bart würdest du genauso aussehen, wie diese Chiquita Wurst"
Wow, sieh mal einer an, die Rüpel aus der UBahn versuchen also auch ihren Horizont zu erweitern!
Und auch als ich abends auf einer Modenschau auftauchte, kam in der Schlange zur Toilette der Vergleich mit der österreichischen Travestie-Künstlerin.
Schon klar, das Thema ist gerade brand aktuell, aber steht dieser Mensch nicht für mehr, als für eine bärtige Frau? Was ist mit Toleranz, Erfolg oder gar einer Botschaft?
Mittwoch - an diesem Tag beginnt in München das Wochenende, aus diesem Grund und meiner omnipräsenten Angst etwas zu verpassen beschloss ich auch noch auszugehen.
In einem Club angekommen sprach mich ein ganz lieber Junge auf genau diese Art von Posts an, die ich gerade im Begriff bin zu verfassen. Er erzählte mir, dass er einige von Ihnen gelesen hatte und sprach mir zu unbedingt weiterzumachen und mir von solchen Leuten nichts einreden zu lassen. Er meinte, dass ich dadurch auch andere Leute inspirieren würde zu sich zu stehen.
Genau um sowas geht es am Ende des Tages doch und fest entschlossen den Tag mit diesem Erlebnis allein in Erinnerung zu behalten, wollte ich nach Hause gehen.
Wieder in der Ubahn wurde ich jedoch gleich mal eines Besseren belehrt.
(vielleicht sollte ich einfach Taxi fahren?)
Ich suchte gerade nach meiner Verbindung als zwei Jungs in meinem Alter stehen blieben und sich lautstark über mich unterhielten.
Beleidigungen gehören zu meinem Alltag, also kümmert mich so etwas nicht weiter, als ich jedoch grauenhafter Weise feststellen durfte, dass sich einer von ihnen vorstellte, wie er mich am liebsten umbringen (!) würde und dabei so genau ins Detail ging, dass es mir fast schon den Magen umdrehte, konnte ich nicht anders als darauf einzugehen.
Ich sah einen dunkelnhäutigen Jungen vor mir und traute meinen Augen nicht.
'Du bist Schwarz! Wenn du selber eine Minderheit bist, wie kannst du dann nur so dumm sein und selbst auf andere losgehen? Gerade du musst es doch besser wissen'
Unbeeindruckt von meinem (wie ich finde sehr cleveren) Schachzug, ging er lieber wieder auf sein Vorhaben ein, die Welt von Menschen, wie mir zu befreien.
Er meinte doch tatsächlich, dass so etwas Hässliches, wie ich es gar nicht verdient hätte in Ruhe gelassen zu werden und ich der Welt doch einen riesigen Gefallen tun würde, wenn ich mich selber umbringen würde, oder mich anzünden würde. Mit den Worten geh dich beerdigen, du hässliche transsexuelle Missgeburt verabschiedete er sich.
Ich war wirklich noch nie kurz davor mich zu prügeln, aber siehe da, dieser Mensch weckt sogar in mir ganz neue Gefühle.
Wohlwissend, wie dieser Kampf ausgehen würde (und dafür hab ich weiss Gott zu viel Geld in mein Gesicht investiert) beschloss ich jedoch einfach nur zuzuhören. Zwischenzeitlich hab ich sogar mit dem Gedanken gespielt die Polizei zu rufen, weil ich mich schon halb tot in der Urahn habe sitzen sehen, aber dann dachte ich mir ich würde das Ganze in einem Blogeintrag festhalten. (vieeel besser, ich weiss)
Während ich da so stand und mir anhören durfte, wie schön er sich meinen doch Tod vorstellte, hatte ich nur zwei Gedanken im Kopf.
Der eine war, dass ich unbedingt so reich und berühmt werden müsste um nie wieder auch nur einen einzigen Fuß in die Ubahn setzen zu müssen und auch um Leuten, wie ihm, zu zeigen, wie weit es eine sogenannte Missgeburt doch bringen kann und ihn dann Tag für Tag von Plakatwenden entgegen zu strahlen.
Der andere Gedanke war, dass ich ihm trotz allem keine Sekunde lang die selben Sachen wünschte, die er für mich im Sinn hatte und das war ein befriedigendes Gefühl.
Diese schockierenden Outfits trug ich im Laufe des Tages, schon krass oder?
Das einzig witzige an der ganzen Sache ist jedoch, dass gar keine Blumenkränze oder bodenlange Röcke nötig waren um solche Gedanken in Menschen hervorzubringen. Meine Outfits waren, wie ich finde sogar sehr schlicht. Wäre ich ein Transsexueller, wüsste ich das ganz sicher besser zu betonen und selbst dann wäre ein derartiges Verhalten noch nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar, geschweige denn zu rechtfertigen.
Ein Tag, viele Erkenntnisse, die mir einfach mal wieder gezeigt haben, dass es völlig egal was man trägt oder wie man auftritt, es da draussen immer dumme Menschen geben wird, die das torpedieren, was man darstellt. Egal ob man es dabei richtig übertreibt oder auf einen dezenten Look setzt.
Als er fertig war drehte ich Britney Spears' Stronger auf meinem IPod lauter und konnte mich mit der Erkenntnis auf den Nachhauseweg machen etwas zu sein, dass er wahrscheinlich niemals sein wird - etwas Besseres.